Befunde von Pflanzenschutzmitteln in Grundwässern Deutschlands

Sebastian Sturm & Joachim Kiefer; DVGW Technologiezentrum Wasser (TZW) Karlsruhe; sturm@tzw.de


 

Die Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln und die meisten ihrer Abbau- und Reaktionsprodukte kommen in der Umwelt nicht natürlich vor und sind anthropogenen Ursprungs (Xenobiotika). In Deutschland sind zurzeit 245 Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe in 664 Produkten unter 964 Handelsnamen zugelassen. Insgesamt sind 5.411 Anwendungen zugelassen oder genehmigt (Stand 2005, [BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) 2006a]). Pflanzenschutzmittel (PSM) werden vorwiegend auf landwirtschaftlich genutzten Flächen eingesetzt, kommen aber auch auf Nichtkulturland wie Straßen und Bahnanlagen, Sportplätzen sowie in Kleingärten und Privathaushalten zum Einsatz [Wolter 2005].

 

Trotz der Untersuchungen, die im Zulassungsverfahren vom Hersteller vorgelegt werden müssen und trotz der Bewertung der beteiligten Behörden, werden PSM-Wirkstoffe und Abbauprodukte im Rahmen von Monitoringprogrammen der Wasserversorger oder Behörden regelmäßig in Grund- und Oberflächenwässern nachgewiesen. Dies stellt die Wasserversorgungswirtschaft oft vor erhebliche Probleme, da zur Einhaltung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung die Rohwässer dann kostenintensiv aufbereitet werden müssen [Kiefer 2003], [Skark & Zullei-Seibert 1999], [ZVLW (Zweckverband Landeswasserversorgung) 2003], [dpa 2005]. Es bestehen immer noch Wissenslücken v. a. bezüglich der Eintragspfade. Schwierigkeiten bereitet in der Regel die nachträgliche Aufklärung der Gründe, die etwa zu einem Eintrag in das Grundwasser führten [Wolf 2005], [Waldmann 2006]. Deshalb ist es für die Wasserversorger von grundlegendem Interesse, neue Einträge in die Gewässer durch eine Modifikation des Zulassungsverfahrens zu verhindern.

 

Vor diesem Hintergrund wurde am TZW, Abteilung Grundwasser & Boden, im Jahr 2006 die vom DVGW geförderte Studie „Befunde von Pflanzenschutzmitteln in Grund- und Oberflächenwässern und deren Eintragspfade - Bedeutung für die Wasserwirtschaft und das Zulassungsverfahren" durchgeführt [Sturm et al. 2006]. Ziel war es, die aktuelle Belastungssituation mit PSM und die Ursachen für PSM-Einträge in Gewässer, die trotz des Zulassungsverfahrens nach wie vor bestehen, aus Sicht der Wasserversorgungswirtschaft besser beurteilen zu können.

 

Die Auswertungen zur aktuellen Befundsituation basieren auf Daten ab dem Jahr 2000, wobei sowohl Befunde aus dem Grundwasser als auch aus Oberflächengewässern erfasst wurden. Die Befunde in Oberflächengewässern sind auch wegen ihrer Indikatorfunktion als „Frühwarnsystem“ für die Ressource Grundwasser von Bedeutung.

 

Weiterhin wurde Literatur zu Eintragspfaden von PSM in Gewässer recherchiert und in einer Literaturdatenbank mit bibliographischen Angaben erfasst, mit Stichworten versehen und nach vorab definierte Abfragekriterien aufgearbeitet. Insgesamt wurden dabei rund 800 Literaturstellen zum Vorkommen, Umweltverhalten und zum Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt.

 

Um mögliche Kausalketten, die zur Verunreinigung der Gewässer führen konnten, besser bewerten zu können und um geeignete Ansatzpunkte für entsprechende Gegenmaßnahmen oder eine gewässerschutzorientierte Modifikation des Zulassungsverfahrens zu finden, wurden für die am häufigsten im Grundwasser sowie in Oberflächengewässern vorzufindenden, aktuell zugelassenen PSM-Wirkstoffe Informationen zusammengestellt, die Hinweise auf die Belastungsherkunft geben können:

 

·          Anwendungsgebiete und Aufwandmengen der PSM,

·          in der Literatur beschriebene und von Wasserversorgern genannte Eintragspfade und

·          chemisch-physikalische Stoffeigenschaften.

 

Umfrage bei DVGW-Mitgliedsunternehmen

 

Mit dem DVGW-Rundschreiben 02/06 wurden alle rund 1.500 Mitgliedsunternehmen Wasser vom DVGW angeschrieben und gebeten, aktuelle Positivbefunde (Zeitraum 2000 bis 2006) von PSM in Grund- und Oberflächengewässern an das TZW, z. B. durch einen beigefügten Fragebogen zu melden. Darin wurden neben den Konzentrationen der gefundenen PSM-Wirkstoffe und –Abbauprodukte auch Angaben zur Herkunft der Proben, zur Probennahmestelle und zu mutmaßlichen Eintragspfaden der gemeldeten Befunde erbeten.

 

Insgesamt antworteten 517 Unternehmen, was einem hohen Rücklauf von 35,7 % entspricht. Von diesen gaben 40 Unternehmen (8 %) an, keine eigene Wassergewinnung zu betreiben, sondern Wasser von Vorlieferanten, z. B. Talsperrenbetreibern oder anderen Fernwasserversorgungen zu beziehen, und somit keine Daten bereitstellen zu können. Die restlichen 477 Rückmeldungen der befragten Unternehmen stellten somit die Datenbasis für die weiteren Auswertungen dar. Die Umfrageergebnisse werden im Folgenden beschrieben.


Datenbanken der Wasserversorgungswirtschaft

 

Um weitere Daten der Wasserversorgungspraxis zur Befundsituation im Grundwasser und in Oberflächengewässern einzubeziehen, konnte dankenswerterweise auf Auszüge aus verschiedenen gemeinschaftlichen Datenbanken oder Auswertungen im Rahmen von Güteberichten von Verbänden und Arbeitsgemeinschaften der Wasserversorgungswirtschaft zurückgegriffen werden. Für den Bereich Grundwasser stellte die Grundwasserdatenbank Wasserversorgung Baden-Württemberg (GWD-WV) Angaben zu PSM-Befunden in Grundwässern zur Verfügung [GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2006b, GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2006c]. Der verwendete Datenbankauszug für die Jahre 2004 bis 2006 basiert auf über 47.000 Einzelmesswerten für bis zu 24 Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und –abbauprodukte. Oberflächenwasserdaten standen z. B. für den Rhein aus der Datenbank der Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein (AWBR) und der Arbeitsgemeinschaft Rhein-Wasserwerke (ARW) zur Verfügung.

 

Behördliche Gewässerüberwachung

 

Da der Schwerpunkt der vorliegenden Studie auf der bundsweiten Situation lag, wurde vor allem auf die Ergebnisse der Länderüberwachungsprogramme für das Grundwasser zurückgegriffen, die im Rahmen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bundesweit einheitlich zusammengeführt wurden [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 1997, LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 2003] oder vom BMU veröffentlicht [BMU (Bundesministerium für Umwelt 2004], bzw. vom UBA zur Verfügung gestellt wurden [Klett 2006].

 

Übersicht zur Befundsituation (DVGW-Umfrage 2006)

 

Aus den Meldungen der Wasserversorgungsunternehmen im Rahmen der DVGW-Umfrage ergab sich folgendes Gesamtbild der aktuellen Befundsituation von Pflanzenschutzmitteln in Grund- oder Oberflächengewässern:

 

·          38 % der Unternehmen meldeten Positivbefunde von PSM-Wirkstoffen oder PSM-Metaboliten, d. h. Konzentrationen über der Bestimmungsgrenze (Abb. 1).

·          Für 83 Parameter wurden Konzentrationen über 0,1 µg/L angegeben.

·          Die meisten (111) Unternehmen meldeten Positivbefunde für mehrere Wasserarten, gefolgt von 57 WVU, die Befunde nur für Grundwasser angaben und 9 Unternehmen, die Befunde nur für Oberflächenwasser meldeten.

Abb. 1:   Anteil der Meldungen nach Befundsituation (100% = 477 Fragebögen; BG = Bestimmungsgrenze)

 

·          Die Positivbefunde umfassen ein Spektrum von genau 100 Substanzen, von denen die Hälfte aktuell nicht zugelassen ist. 7 % stellen PSM-Abbauprodukte (Metaboliten) dar, während 43 % aktuell zugelassene PSM-Wirkstoffe sind (s. Abb. 2).

 

Abb. 2:   Zulassungsstatus der Positivbefunde (Grund- und Oberflächenwasser, 100% = 100 Substanzen)

 

Die Untersuchungsumfänge der verschiedenen Wasserversorger, die Positivbefunde meldeten, unterschieden sich stark.

 

·          Das Parameterspektrum reichte von einigen wenigen Triazin-Verbindungen bis hin zu weit über 160 PSM-Wirkstoffen und Metaboliten.

·          Die Probennahmehäufigkeit betrug teils jährliche, teils monatliche Probennahmen.

·          Die Art und Anzahl der Probennahmestellen reichte von einer Quellfassung oder einem einzigen Entnahmebrunnen bis hin zu einer Vielzahl von Vorfeldmessstellen und Oberflächengewässern im Einzugsgebiet.

·          Die Ausgestaltung der Messprogramme orientierte sich teils an Routineüberwachungen der Trinkwasserverordnung, teils stammen die Ergebnisse aus gezielten Messprogrammen zur Überwachung bekannter Belastungen oder mutmaßlicher Emittenten.

 


Ein repräsentatives Bild einer „mittleren Belastungssituation“ war somit aus den Ergebnissen der Umfrage nicht abzuleiten. Um die Meldungen gemeinsam auswerten zu können, war es daher erforderlich, sie nach einheitlichen Kriterien abzugleichen. Da es das vorrangige Ziel der vorliegenden Studie war, Belastungsschwerpunkte aufzuzeigen und Hinweise auf aus Sicht der Wasserversorgungswirtschaft „potentiell problematische“ Wirkstoffe zu erhalten, wurde daher von jeder Rückmeldung die Maximalkonzentration je Wirkstoff und Art der Probennahmestelle (z. B. Brunnen oder Grundwassermessstelle) in die weitere Auswertung übernommen, sofern es sich nicht um offensichtlich unplausible Werte handelt. Bei Unklarheiten wurde beim meldenden Unternehmen nachgefragt.

 

Eine „Nennung" ist hier also die von je einem Unternehmen gemeldete Maximalkonzentration eines Stoffes je Wasserart und Art der Probennahmestelle: so gingen in diese Auswertung z. B. die höchste vom Wasserversorger A gemeldete Diuronkonzentration in einer Grundwassermessstelle oder die Maximalkonzentration von Ethofumesat in einem Graben aus der Meldung des Unternehmens B ein. Je Unternehmen können so mehrere Nennungen eines Wirkstoffs in dieser Statistik enthalten sein.

 

Insgesamt teilen sich die 919 Nennungen zu 65 % auf Grundwasser, 31 % auf Oberflächenwasser, 4 % auf Uferfiltrat bzw. künstliche Grundwasseranreicherung und 0,2 % auf sonstige (z. B. Behälter, Netzproben) auf. Die häufiger von den WVU genannten Stoffe sind in Abb. 3 und Abb. 4 dargestellt.

 

Abb. 3:   PSM mit über 10 Nennungen: die Höhe des Balkens entspricht der Summe aller Nennungen; mit * sind aktuell zugelassene Wirkstoffe gekennzeichnet.

 

Erwartungsgemäß führen Desethylatrazin und sein Ausgangswirkstoff Atrazin die Statistik mit weit über 100 Nennungen an. Vor dem Hintergrund, dass die Anwendung von Atrazin bundesweit seit 1991 verboten ist, belegen diese Zahlen eindrucksvoll, welch langes „Gedächtnis" die Wasserressourcen haben.

Abb. 4:   PSM mit 5 bis 10 Nennungen: die Höhe des Balkens entspricht der Summe aller Nennungen; mit * sind aktuell zugelassene Wirkstoffe gekennzeichnet.

 

DVGW-Umfragen 1988 und 1994

 

Bereits 1988 und 1994 beauftragte der DVGW Umfragen bei den deutschen Wasserversorgungsunternehmen zum Vorkommen von Pflanzenschutzmitteln im Roh- und Trinkwässern Deutschlands [Zullei-Seibert 1990], [Skark & Zullei-Seibert 1999]. Da die Umfragen einen anderen Umfang hatten und teils anders aufgebaut und anders ausgewertet wurden als die Umfrage 2006, sind die Ergebnisse der jeweiligen Studien nicht unter allen Aspekten miteinander direkt vergleichbar. Im Folgenden werden daher die Eckpunkte der beiden älteren Studien zusammenfassend dargestellt, die auch in der vorliegenden Arbeit zur aktuellen Befundsituation behandelt wurden.

 

Die Zahl der befragten Wasserversorgungsunternehmen war mit 1.451 Unternehmen 1994 annähernd die gleiche wie 2006. Auch 1994 meldeten 183 Wasserversorgungsunternehmen mindestens einen PSM-Positivbefund in einer Probennahmestelle (2006: 182 Wasserversorger). Insgesamt wurden in der 1994er-Umfrage Positivbefunde von insgesamt 85 Stoffen berichtet (2006: 100), wobei 40% davon (seinerzeit) zugelassene PSM-Wirkstoffe waren (aktuell: 43%). 1994 wurden für 39 Stoffe Konzentrationen über 0,1 µg/L angegeben, 2006 waren es 83.

 

Die häufigsten Stoffe im Oberflächenwasser waren 1994 Atrazin, Desethylatrazin, Simazin, Terbuthylazin, Chlortoluron, Diuron und Isoproturon, im Grundwasser: Triazine, Bentazon, Bromacil. Auch die Studie zur Umfrage 1994 betont die Bedeutung des Analysenumfangs auf das Gesamtbild der Befundsituation. So waren in dem Analysenspektren 1994 Fungizide und PSM-Abbauprodukte in der Regel nur untergeordnet und entsprechend ihrer Relevanz nur unzureichend untersucht. Dementsprechend dominierten 1994 Herbizide die häufig gefundenen Stoffe, was sich bei der Umfrage 2006 bestätigte.

 


In der DVGW-Umfrage bei den Wasserversorgern von 1988 war die Zahl der Wasserwerke mit Positivbefunden bzw. mit Befunden über 0,1 µg/L annähernd gleich wie 1994. Bei dieser früheren Umfrage war das Spektrum der untersuchten Substanzen aber viel kleiner und zudem hatten 1988 viele der befragten Wasserversorgungsunternehmen noch keine Untersuchungen auf PSM durchführen lassen (Inkrafttreten des TrinkwV-Grenzwertes 1989). 1988 traten Positivbefunde von 45 Stoffen auf, von denen die Mehrzahl 1994 noch nachgewiesen wurde.

 

Aufgrund der Unterschiede in Datenbasis und Methodik der DVGW-Umfragen 1988, 1994 und 2006 sind Trends in der Befundsituation aus den drei Erhebungen nicht abzuleiten. Die Zunahme der Stoffe und Positivbefunde (1988: 45, 1994: 85, 2006: 100) alleine ist vor den Hintergrund der Fortentwicklung im Bereich der Spurenstoffanalytik kein Beleg für eine Verschlechterung der Situation. Die Tatsache hingegen, dass 1994 und 2006 nahezu die gleiche Zahl von Wasserversorgungsunternehmen Positivbefunde von PSM meldete, kann allerdings daraufhin deuten, dass die Situation sich nicht verbessert hat. Dafür spricht auch, dass 2006 für 82 Stoffe (entsprechend 82 % der Stoffe mit Positivbefunden) eine Überschreitung des Trinkwassergrenzwertes bzw. des Umweltqualitätsziels von 0,1 µg/L gemeldet wurde, während dies 1994 für nur 39 Stoffe (entsprechende 46 % der Stoffe mit Positivbefunden) der Fall war. Sowohl 1994 als auch 2006 war ein fast gleich großer Anteil von rund 40 % der gefundenen Stoffe Bestandteil zugelassener und auf Ihre Auswirkungen auf die Gewässer hin geprüfter Pflanzenschutzmittel.

 

Befundsituation Grundwasser – DVGW-Umfrage 2006

 

Für das Grundwasser wurden von den WVU bei der aktuellen Umfrage Positivbefunde für 60 PSM-Substanzen gemeldet. Diese setzen sich zu 47 % aus nicht zugelassenen, zu 43 % aus aktuell zugelassenen PSM-Wirkstoffen und zu 10 % aus Metaboliten zusammen. Die positiven Befunde stammen zu gleichen Teilen aus Brunnen und Grundwassermessstellen und nur untergeordnet aus Quellfassungen (s. Tab. 1).

 

Tab. 1:   Aufteilung der Positivbefunde im Grundwasser nach Art der Probennahmestelle

Befunde

Brunnen

Grundwasser­messstellen

Quell­fassungen

Sonstiges*

Summe

Anzahl

255

253

71

16

595

Anteil [%]

42,9

42,5

11,9

2,7

100

* z. B. Wasserwerks-, Behälter- oder Netzproben

 

Die 20 am häufigsten für Grund- und Quellwässer genannten Substanzen sind in der Tab. 2 nach der Häufigkeit der Nennungen sortiert und mit ihrem aktuellen Zulassungsstatus aufgeführt. Eine Übersicht über alle genannten Stoffe ist in [Sturm et al. 2006] enthalten.

 

Tab. 2:   Häufigste Positivbefunde von Pflanzenschutzmitteln in Grund- und Quellwässern (Nennungen der Wasserversorger, sortiert nach Häufigkeit der Nennungen)

Substanzname

Zulassungsstatus

Desethyl­atrazin

Metabolit

Atrazin

nicht zugelassen

2,6-Dichlor­benzamid

Metabolit

Simazin

nicht zugelassen

Bromacil

nicht zugelassen

Diuron

zugelassen

Bentazon

zugelassen

Isoproturon

zugelassen

Desiso­propylatrazin

Metabolit

Mecoprop (MCPP)

zugelassen (Mecoprop-P)

Hexazinon

nicht zugelassen

Propazin

nicht zugelassen

Terbuthylazin

zugelassen

Desethylterbuthylazin

Metabolit

1,2-Dichlor­propan

nicht zugelassen

Chlortoluron

nicht zugelassen

Ethidimuron

nicht zugelassen

Lenacil

nicht zugelassen

Methabenz­thiazuron

nicht zugelassen

Metalaxyl

zugelassen (Metalaxyl-M)

 

Für die in Tab. 2 enthaltenen und andere, in der DVGW-Umfrage genannte, zugelassene PSM-Wirkstoffe sind die Spannweiten der von den Wasserversorgern gemeldeten Maximalkonzentrationen in Abb. 5 grafisch dargestellt. Dabei werden jeweils alle gemeldeten Maximalkonzentrationen je PSM und Wasserart als „Boxplot“ veranschaulicht. In der Darstellung entsprechen alle ausgewerteten Maximalkonzentrationen 100%. Die schwarze Linie innerhalb des grauen Kastens ist der Median. Dieser gibt die Konzentration an, über und unter der jeweils 50% der Messwerte liegen. Analog werden als oberer und unterer Rand des grauen Kastens das 75. und das 25. Perzentil dargestellt, d. h. jeweils ein Viertel aller Messwerte liegt über, bzw. unter diesen Marken. Bei ausreichender Datenbasis wurde das 10. und das 90. Perzentil berechnet und ist durch die Querbalken über und unter dem Kasten bezeichnet. „Extremwerte“, die außerhalb dieser Grenzen liegen, werden als Punkte einzeln aufgetragen. Zum Vergleich ist in jedem Kasten neben dem Median der arithmetische Mittelwert als weiße Linie eingezeichnet. Diese Art der Darstellung veranschaulicht so die Schwankungsbreite und die „Haupt-Konzentrations­spannen“ der gemeldeten PSM-Konzen­trationen. Diese Auswertung ist somit einigermaßen unempfindlich gegenüber einzelnen Ausreißern oder etwaigen Übertragungsfehlern auf den Fragebögen.

 

Die gestrichelte Linie bei einer Konzentration von 0,1 µg/L zeigt den PSM-Einzelstoffgrenzwert nach Trinkwasserverordnung bzw. das Gewässerqualitätsziel nach EU-Grundwasserrichtlinie (GWRL, [Europäisches Parlament und Europarat 2006]).

 

Abb. 5:   Maximalkonzentrationen zugelassener Wirkstoffe im Grundwasser (Boxplot-Darstellung, berechnet mit SigmaPlot 2002 8.0)

 

Die von den Wasserversorgern mitgeteilten Maximalkonzentrationen schwanken je nach Wirkstoff oder Metabolit. Die niedrigsten gemeldeten Befunde liegen naturgemäß mit Werten um 0,01 µg/L an der Bestimmungsgrenze einzelner Stoffe. Bei den Meldungen für das Grundwasser wurde durchschnittlich meist der Grenzwert von 0,1 µg/L überschritten, was eine Nutzung dieser Grundwässer für die Trinkwasserversorgung teils erheblich beeinträchtigt und zudem ebenfalls eine Verletzung des Qualitätszieles nach GWRL darstellt. Insgesamt liegen aus der aktuellen DVGW-Umfrage für 41 Wirkstoffe oder PSM-Abbauprodukte Meldungen von Konzentrationen über 0,1 µg/L im Grundwasser vor. Die Höchstwerte sind nahezu immer ein Vielfaches dieses Grenz- und Zielwertes und erreichen zum Teil Konzentrationen über 1 µg/L.

 


Grundwasserdatenbank Wasserversorgung

 

In Baden-Württemberg belegen die Daten der zur Rohwasserüberwachung von den Wasserversorgungsunternehmen betriebenen „Grundwasserdatenbank Wasserversorgung”, dass häufig nicht nur Desethylatrazin und Atrazin, sondern auch zugelassene Pflanzenschutzmittel, wie Bentazon oder Metolachlor, im Grundwasser nachgewiesen werden (s. Tab. 3). Die Auswertungen basieren auf den Messprogrammen der einzelnen Wasserversorger und umfassen nach den Beprobungsplänen der Kooperationsvereinbarung zwischen den Wasserversorgern und dem Land Baden-Württemberg in der Regel einen Mindestumfang von 17 („unbedingt zu untersuchen“) bzw. 24 (einschl. „zusätzlich empfohlene“) Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen und Abbauprodukten.

 

Für den Zeitraum 2004 bis 2006 liegen von diesem 24er-Spektrum Positivbefunde für 19 Pflanzenschutzmittel, davon für 12 mit Grenzwertüberschreitung aus Rohwasseranalysen der beteiligten Wasserversorger der Grundwasserdatenbank vor. Auch wenn der Anteil an Positivbefunden meist vergleichsweise gering ist, so ist dennoch auffällig, dass, mit Ausnahme von MCPA, für jeden der „obligatorischen“ Parameter mindestens ein Positivbefund gemeldet wurde und sich unter den Substanzen mit Positivbefunden insgesamt 10 zugelassene PSM-Wirkstoffe befinden (Tab. 3).

 

Trotz der in Baden-Württemberg bereits seit 1988 infolge von SchALVO-Auflagen eingeschränkten Anwendung von Atrazin und dem bundesweiten Verbot von 1991 weisen Desethylatrazin und Atrazin die, wenn auch mit rückläufiger Tendenz, höchste Befundhäufigkeit auf [GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2006a].

 

Unter den zugelassenen PSM-Wirkstoffen ergibt sich die höchste Befundhäufigkeit für Bentazon. Aufgrund erhöhter Bentazon-Gehalte wurde beispielsweise das Wasserschutzgebiet „Rastatt-Rauental” zum ersten Pflanzenschutzmittel-Sanierungsgebiet in Baden-Württemberg nach § 5 Abs. 4 [SchALVO 2001] erklärt [Kiefer 2003]. Mittlerweile sind in Baden-Württemberg drei WSG wegen Bentazon, sowie je eines wegen Metalaxyl und Mecoprop als PSM-Sanierungsgebiete ausgewiesen (Deklaratorische Liste vom 03.04.2006).

 


Tab. 3:   Ergebnisse von PSM-Untersuchungen 2004 bis 2006 (Rangfolge nach Anzahl der Messungen mit Positivbefunden; aktuell zugelassene Wirkstoffe sind kursiv gedruckt) 1)

1)   Datenbasis: [GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2005], [GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2006a], [GWD-WV (Grundwasserdatenbank Wasserversorgung) 2006b]

2)   Parameter waren gemäß SchALVO-Kooperations­ver­ein­barung 2004 bis 2006 „unbedingt“ zu untersuchen

3)   Parameter, die im Rahmen der SchALVO-Kooperations­ver­ein­barung „zusätzlich“ ohne Mehraufwand zu untersuchen gewesen wären.

 

Ergebnisse der behördlichen Überwachung

 

Die bundesweite Befundsituation für die Jahre 1996 bis 2000 aus Sicht der behördlichen Grundwasserüberwachung wurde im Rahmen der Bestandsaufnahme der LAWA in 2003 [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 2003] als Fortführung der ersten bundesweiten Übersicht zur Situation für die Jahre 1990 bis 1996 [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 1997] veröffentlicht.

Dieser Bericht zur Belastung des oberflächennahen Grundwassers mit Pflanzenschutzmittelwirkstoffen bzw. deren Abbauprodukten weist bei rund 28 % der untersuchten Messstellen positive PSM-Befunde aus. Bei rund 9 % der ca. 13.000 in die Auswertung einbezogenen Messstellen wurden Konzentrationen über dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,1 µg/L ermittelt. Bei 97 Messstellen wurde sogar eine Konzentration von mehr als 1,0 µg/L für eine PSM-Einzelsubstanz bzw. einen Metaboliten festgestellt. Bei der wirkstoffbezogenen Auswertung lagen dabei für den Zeitraum 1996 bis 2000 Untersuchungsergebnisse für 257 verschiedene Einzelsubstanzen vor. Von den zwanzig am häufigsten nachgewiesenen PSM-Einzelsubstanzen sind zurzeit acht Wirkstoffe Bestandteil von in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln (s. Tab. 4).

 

Die größte Zahl aller Grundwasserverunreinigungen durch PSM wurde nach dieser Auswertung ebenfalls durch Atrazin und sein Abbauprodukt Desethylatrazin verursacht, sowie Bromacil, für das ebenfalls ein vollständiges Anwendungsverbot besteht. Bei Bentazon ist von einer gewissen Zunahme der Grundwasserbelastung auszugehen. Bemerkenswert ist auch, dass mit dem Wirkstoff Ethidimuron und dem Abbauprodukt 2,6-Dichlorbenzamid zwei Einzelsubstanzen mit einer hohen relativen Fundhäufigkeit in Konzentrationen größer 0,1 µg/L neu hinzugekommen sind. [UBA (Umweltbundesamt) 2005].

 

Abb. 6:   Häufigkeit der PSM-Befunde im Grundwasser: Vergleich der Berichtszeiträume 1990 bis 1995 und 1996 bis 2000 (aus [UBA (Umweltbundesamt) 2005])

 

Neben der Beschreibung der aktuellen Belastungssituation ist vor allem die Ermittlung der zeitlichen Entwicklung der PSM-Belastung von Interesse. Ein Vergleich der PSM-Belastung für die Zeiträume 1990-1995 [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 1997] und 1996-2000 [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 2003] zeigte, dass die Situation in den letzten Jahren quasi unverändert ist (s. Abb. 6).

 

Tab. 4:   Häufig nachgewiesene PSM-Wirkstoffe und -Metaboliten im oberflächennahen Grundwasser Deutschlands (Rangfolge nach Anzahl der Messstellen mit Befunden > 0,1 µg/L; nach [LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) 2003], [UBA (Umweltbundesamt) 2005])

Wirkstoff / Metabolit

Anzahl der Messstellen

Anteil Positivbefunde [%]

Rang­folge

insges. untersucht

letzter Messwert an der Messstelle

< 0,1 µg/L

> 0,1 µg/L

1996-2000

1990-1995

Desethyl­atrazin

12167

1715

570

18,8

1

1

Atrazin

12353

1609

272

15,2

2

2

Bromacil

8176

144

177

3,9

3

3

Bentazon

8578

195

70

3,1

4

9

Diuron

10078

166

67

2,3

5

6

Simazin

12084

454

67

4,3

6

4

Hexazinon

7702

119

57

2,3

7

5

Desisopropylatrazin

10479

216

56

2,6

8

8

2,6-Dichlor­benzamid

2362

98

49

6,2

9

-- 2)

Mecoprop (MCPP)3)

7851

119

42

2,1

10

10

Ethidimuron

689

4

27

4,5

11

-- 2)

Propazin

8173

168

25

2,4

12

7

1,2-Dichlor­propan1)

984

12

24

3,7

13

-- 2)

Isoproturon

10838

145

18

1,5

14

12

Dichlorprop (2,4-DP)3)

7101

92

11

1,5

15

17

Terbuthyl­azin

8122

78

9

1,1

16

15

Metola­chlor3)

7961

78

8

1,1

17

13

Desethylterbuthylazin

7505

32

8

0,5

18

18

Chlortoluron

6116

71

6

1,3

19

16

Metazachlor

11098

83

6

0,8

20

-- 2)

fett: Wirkstoffe, die Bestandteil zurzeit zugelassener Pflanzenschutzmittel sind; kursiv: Metabolite (Abbauprodukte) von PSM-Wirkstoffen;

1)     1,2-Dichlorpropan war im Stoffgemisch mit dem eigentlichen Wirkstoff 1,3-Dichlorpropen (vollständiges Anwendungsverbot) in Anwendung, wird von einigen Bundesländern als PSM-Einzelsubstanz geführt

2)     Einzelsubstanz wurde im Berichtszeitraum 1990 bis 1995 an sechs oder weniger Messstellen in einer Konzentration > 0,1 µg/L bestimmt und zählte damit nicht zu den 20 am häufigsten nachgewiesenen PSM-Wirkstoffen bzw. –Metaboliten

3)     zugelassen sind : Mecoprop-P, Dichlorprop-P, S-Metolachlor

In Tab. 5 ist die Häufigkeit an Positivbefunden aus den Jahren 2001 bis 2004 auf Grundlage der aktuellen tabellarischen Zusammenstellungen der am häufigsten im oberflächennahen Grundwasser nachgewiesenen Pflanzenschutzmittel und Metabolite der LAWA wiedergegeben.

 

Tab. 5:   Positivbefunde von PSM-Wirkstoffen im Grundwasser Deutschlands (Anteile [%], keine Angabe: im entspr. Jahr nicht unter den „20 häufigsten PSM“)

 

Anteil Positivbefunde [%]

Wirkstoff / Metabolit

20011)

20021)

20031)

20042)

Desethylatrazin

18,8

25,1

18,9

22,7

Atrazin

12,9

17,6

16,5

16,8

1,2-Dichlorpropan

12

10,8

8,1

 

2,6-Dichlorbenzamid

6,2

7,3

7,2

 

Ethidimuron

6,1

3,7

2,4

 

Simazin

4

3,8

6,2

6,8

Bromacil

3,2

4

4,4

4,3

Desisopropylatrazin

2,7

2

5,1

6,3

Hexazinon

2

1

1,8

2,1

Mecoprop

1,9

0,8

3

1,1

Bentazon

1,5

3,1

3,4

2,5

Diuron

1,4

1,8

2,4

2,3

Lenacil

1,3

 

 

 

Propazin

1,2

2,9

4,3

3,9

Desethylterbuthylazin

1,2

 

2,7

 

Isoproturon

1

1,2

2,2

1,8

Terbuthylazin

0,9

 

3,3

2,6

Metolachlor

0,6

 

 

0,4

Chloridazon

0,4

1,1

 

 

Metalaxyl

0,3

 

 

 

AMPA

 

4,2

6,9

 

Prometryn

 

2,8

 

1,1

Metazachlor

 

1

 

0,7

MCPA

 

0,8

 

0,4

Chlortoluron

 

0,7

 

0,8

Picolinafen

 

 

28

 

Dichlorprop

 

 

1

0,2

1,2-Dichlorethan

 

 

0,5

 

2,4-D

 

 

 

0,1

Cyanazin

 

 

 

0,1

fett: Wirkstoffe, die Bestandteil zurzeit zugelassener Pflanzenschutzmittel sind; kursiv: Metabolite (Abbauprodukte) von PSM-Wirkstoffen;

1)     [BMU (Bundesministerium für Umwelt 2004]

2)     [Klett 2006]

 


Da diesen aber jeweils nur die „Top 20er-Listen“ zu Grund liegen, lassen sich daraus keine Entwicklungen ableiten. Sie belegen jedoch, dass auch in den letzten Jahren nennenswerte Befunde der zugelassenen PSM-Wirkstoffe Isoproturon, Terbuthylazin, Mecoprop, Bentazon und Diuron bei den flächenhaften Kontrollen im oberflächennahen Grundwasser bundesweit festgestellt werden.

 

Zudem zeigt das Beispiel Picolinafen, dass die Beurteilung der Befundsituation maßgeblich von der Gestaltung der Messprogramme abhängt. So sind die Picolinafen-Befunde, die diesen Wirkstoff 2003 unter den „Top 20“ bundesweit erscheinen ließen, alle erstmalige Positivbefunde aus Messungen in Schleswig-Holstein und wurden dort in den Folgejahren bestätigt ([MLUR Schl.-Holst.(Ministerium für Landwirtschaft 2006]), während der Parameter in den Untersuchungsumfängen anderer Bundesländer nicht enthalten war.

 

Fazit zur Befundsituation im Grundwasser

 

Die Länderüberwachungsprogramme bestätigen weitgehend die Daten der Wasserversorgung. In allen Programmen tauchen Befunde von Diuron, Bentazon, Isoproturon, Mecoprop und Terbuthylazin auf.

 

Es wird deutlich, dass eine vermehrte Berücksichtigung der Ergebnisse der Wasserversorger die Aussagekraft der Länderdaten erhöhen und eine wesentlich erweiterte Datenbasis für Bemühungen zur Ermittlung der Eintragspfade darstellen kann. Für einige der zugelassenen und im Grundwasser gefundenen PSM-Wirkstoffe (z. B. Bentazon, Diuron) wurden von der Zulassungsbehörde Fundaufklärungen veranlasst [Wolter 2005]. Hierbei soll ermittelt werden, warum und auf welchen Pfaden die betreffenden Wirkstoffe bis ins Grundwasser gelangen konnten.

 

Zusammenfassung und Ausblick

 

Die Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln und die meisten ihrer Abbau- und Reaktionsprodukte kommen in der Umwelt nicht natürlich vor und sind anthropogenen Ursprungs (Xenobiotika). Ihr Vorkommen in Oberflächengewässern, im Grundwasser und damit auch im Rohwasser für die Trinkwassergewinnung ist daher unerwünscht und grundsätzlich zu vermeiden.

 

Durch die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln muss sichergestellt sein, dass diese den Naturhaushalt nicht beeinträchtigen und nicht über Grund- und Ober­flächen­wässer ins Rohwasser für die Trinkwasserversorgung gelangen. Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, Zulassungsbehörde, Agrarhandel und Anwender stehen daher gemeinsam in der Verantwortung zur nachhaltigen Reinhaltung der Gewässer vor Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel und deren Abbauprodukte.

 

Eine Umfrage unter den DVGW-Mitgliedsunternehmen m Rahmen der DVGW-Studie W1/02/05 [Sturm et al. 2006] zeigte, dass bei nahezu 40 % der beteiligten Wasserversorger Positivbefunde von PSM von Pflanzenschutzmitteln und PSM-Abbauprodukten in Grund- und Oberflächenwässern in ihren Einzugsgebieten aus den Jahren 2000 bis 2006 vorliegen. Das Spektrum der genannten Substanzen umfasst insgesamt 100 PSM-Wirkstoffe oder Metaboliten, davon wurden 60 für Grund- und rund 90 für Oberflächenwässer genannt. Für 82 Parameter wurden Konzentrationen über 0,1 µg/L angegeben (41 Stoffe im Grundwasser, 73 im Oberflächenwasser). Ein Vergleich mit den Ergebnissen früherer Umfragen unter den Wasserversorgern ergab keine Hinweise auf eine Verbesserung der Belastungssituation. Weiterhin wurden Daten der Grundwasserdatenbank Wasserversorgung Baden-Württemberg ausgewertet.

 

Wie der Vergleich mit den Ergebnissen der zusätzlich ausgewerteten behördlichen Überwachungsprogramme zeigt, stützen diese Ergebnisse ebenfalls die Daten der Wasserversorgung. Allerdings bestehen Unterschiede im Umfang und der Rangfolge der als „problematisch“ anzusehenden Wirkstoffe. Die Daten der Wasserversorger ergänzen die behördliche Überwachung und erlauben so eine bessere Einschätzung der Befundsituation. Die stärkere Berücksichtigung der Ergebnisse der Wasserversorger zur Belastung des Grundwassers mit PSM kann eine wesentlich erweiterte Datenbasis für Bemühungen zur Ermittlung der Eintragspfade im Rahmen der Fundaufklärung darstellen.

 

Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Belastungssituation und hinsichtlich der Vergleichbarkeit der verschiedenen Datenquellen ergeben sich aus der unterschiedlichen Gestaltung der Messprogramme. Vor allem bei Stoffen, die durch weniger Positivbefunde auffällig wurden, zeigt sich, dass dies möglicherweise nicht oder nicht  allein von ihrem tatsächlich geringerem Auftreten in den Grundwässern abhängt, sondern auch und möglicherweise vielmehr von dem Maß, in dem sie bei den Messprogrammen überhaupt berücksichtigt werden.

 

Auffällig war, dass bei der DVGW-Umfrage neben den zu erwartenden Wirkstoffen wie Atrazin oder Bromacil bzw. häufigen PSM-Metaboliten insgesamt die Hälfte aller für Rohwässer genannten Substanzen nicht mehr zugelassene PSM-Wirkstoffe und zu über 40 % Wirkstoffe aktuell zugelassener PSM sind. Bei der Beurteilung der Befundsituation dürfen Grund- und Oberflächenwässer nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.

Die Auswertungen zeigten auch, dass die Positivbefunde überwiegend von PSM-Wirkstoffen herrühren, die aus Sicht der Wasserversorgung eine „ungünstige“ Kombination chemisch-physikalischer Eigenschaften aufweisen, die also eine Versickerung und Verlagerung in Gewässer begünstigen. Als kritisch zeigten sich diese vor allem in Verbindung mit hohen Absatz- und Aufwandmengen.

 

Auch wenn es Hinweise auf Fehlverhalten der Anwender und illegale PSM-Einsätze gibt, ist angesichts der Vielzahl der Befunde und ihrem bundesweiten Auftreten sowie der zugelassenen Anwendungsbereiche und ungünstiger Stoffeigenschaften davon auszugehen, dass auch bei sachgerechtem und bestimmungsgemäßen Gebrauch dieser Mittel Einträge in Ober­flächenwässer und das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden können. Doch gerade diese Beeinträchtigung der Gewässer und des Naturhaushaltes muss durch die Prüfung und Bewertung der Mittel in Zulassungsverfahren ausgeschlossen sein.

 

Das aktuelle Zulassungsverfahren wurde in der Studie dargestellt und daraus die Notwendigkeit aufgezeigt, neben einer verstärkten Kontrolle der Anwendungspraxis, das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel hinsichtlich des Gewässerschutzes zu modifizieren. Entsprechende Vorschläge und Anforderungen der Wasserversorgungswirtschaft dazu sowie für begleitende Maßnahmen zur PSM-Anwendungspraxis werden darin benannt und näher erläutert. Gestützt auf die aktuelle Datenbasiskönnen diese Vorschläge zu einer Verbesserung der Situation beitragen und künftige Einträge in Gewässer verhindern.

 

Danksagung

 

Die Autoren danken dem DVGW für die finanzielle Förderung der Studie (Förderkennzeichen W 1/02/05) und die organisatorische Unterstützung der Umfrage unter den DVGW-Mitgliedsunternehmen, allen Wasserversorgern, die sich an der Umfrage beteiligt haben sowie der Grundwasserdatenbank Wasserversorgung für die Bereitstellung von Daten.

 

Literatur

 

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BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) 2006a: Absatz an Pflanzenschutzmitteln in der Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse der Meldungen gemäß § 19 Pflanzenschutzgesetz für das Jahr 2005. www.bvl.bund.de.

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